Auch wenn in Deutschland die meisten Suchtmittelabhängigkeiten aufgrund von Tabak oder Alkohol bestehen, spielen auch illegale Drogen und verschreibungspflichtige Medikamente eine Rolle. Schätzungen zufolge sind ca. 2,3 Millionen Menschen medikamentenabhängig. Darüber hinaus zeigen ungefähr 600.000 Menschen einen problematischen Konsum von Cannabis oder anderen illegalen Drogen 1. Die aktuelle Anzahl von Kindern, deren Eltern aufgrund von illegalen Drogen oder Medikamenten eine Abhängigkeitserkrankung oder einen Suchtmittelmissbrauch aufweisen, ist nicht bekannt. Für die Unterscheidung zwischen Abhängigkeit und Missbrauch siehe unseren Artikel zum Thema Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit eines Elternteils. Zu den illegalen Drogen zählen neben Cannabis auch Heroin, Crack, Methamphetamin, oder Kokain.

    Kinder mit einem suchtkranken Elternteil werden häufig als “vergessene Kinder” bezeichnet, weil der suchtkranke Elternteil seine Aufmerksamkeit nur auf das Suchtmittel richtet. Der oder die nichtsüchtige Partner:in fokussiert sich hingegen nur auf den Süchtigen. So bleibt für Kinder kaum Raum und Zeit für die dringend benötigte Zuwendung. Kinder fühlen sich häufig verantwortlich für die Sucht ihrer Eltern und übernehmen als Reaktion darauf die Verantwortung für den Erwachsenen – dies nennt man auch Parentifizierung. Dabei erledigen sie beispielsweise Aufgaben im Haushalt oder übernehmen die Erziehung eines Geschwisterkindes. Sie entwickeln dabei nicht selten ein tiefes Schamgefühl und ein verringertes Selbstwertgefühl. 2

    Wenn ein Elternteil von illegalen Drogen abhängig ist, bewegt er sich meistens zwischen Menschen, die auch abhängig sind. Damit ist es wahrscheinlicher, dass Partnerschaften entstehen, bei denen beide Elternteile suchtmittelabhängig sind. Dies steht im Gegensatz zur Alkoholsucht, bei der meist nur ein Elternteil betroffen ist. Wenn Kinder in den Familien bleiben, erleben sie häufig die Bedingungen des Milieus und damit auch die sogenannte Beschaffungskriminalität der Eltern. Dies kann bis zur Prostitution oder Strafverfolgung führen, womit die Inobhutnahme bzw. Unterbringung des Kindes in sozialen Einrichtungen immer wahrscheinlicher wird. Hier ist wichtig zu erwähnen, dass besonders Kleinkinder sehr verletzlich sind, da sie auf die Zuwendung der Eltern angewiesen sind. Aus dem elterlichen Drogenmissbrauch entsteht auch ein erhöhtes Risiko für die Kinder, Zeuge oder Opfer von häuslicher Gewalt zu werden. Kindesmisshandlungen können zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen führen. Außerdem bleiben Kinder häufig nicht unbeteiligt, sondern greifen bei häuslicher Gewalt selbst ein. 3

    Allerdings gilt, dass Schätzungen zufolge ungefähr ein Drittel der Kinder trotz der Suchterkrankung ihrer Eltern sich mehr oder weniger unbeschadet entwickeln können. Dabei konnten in Untersuchungen verschiedene Faktoren identifiziert werden, die es Kindern ermöglichen, widerstandsfähiger zu werden und Resilienz aufzubauen.

    Zu den Schutzfaktoren gehört das Vorhandensein einer tragenden Beziehung zu einer erwachsenen Vertrauensperson außerhalb der Kernfamilie. Diese Person trägt zur Entwicklung des Kindes bei, indem sie das Kind in seinen Emotionen, Fähigkeiten und in seiner Persönlichkeit widerspiegelt. Genau damit haben suchtkranke Elternteile große Schwierigkeiten. Außerdem schützt die Einsicht, dass der Elternteil an einer Krankheit leidet und sie keine Schuld daran tragen. Diese Einsicht entlastet und hilft dabei, Scham- und Schuldgefühle zu überwinden und das Selbstwertgefühl zu stärken. Abschließend kann das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt werden, indem sie eigene Fähigkeiten und Talente entdecken. 2

     

    1. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/sucht-und-drogen.html[]
    2. Mielke, H. & Gutknecht, S. (2017). Kinder suchtkranker Eltern (Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V., Hrsg.). Zugriff am 02.01.2023. Verfügbar unter: https://www.bw-lv.de/fileadmin/user_upload/bw-lv.de/Seiteninhalte/Aktuelles/BAG-Dossier-Kinder-Suchtkranker-Eltern-web.pdf [][]
    3. Verjans, E., Fabry, U. & Wagner, N. (2021). Deutlich erhöhte Sterberate bei Kindern von Eltern mit Konsum von illegalen, harten Drogen. Monatsschrift Kinderheilkunde. https://doi.org/10.1007/s00112-021-01198-6[]