Dies ist ein zweiteiliger Artikel. Hier findest du den Link zu Teil 2: Welche Folgen hat die Alkoholabhängigkeit eines Elternteils für Kinder oder Jugendliche?

    Alkohol gehört zur deutschen Kultur dazu. Meist wird man merkwürdig angeguckt und gefragt, wenn man auf einer Party keinen Alkohol trinkt. Es ist ein Genussmittel. Allerdings ist Alkohol auch eine Droge, die viele Menschen missbrauchen und von der viele abhängig werden – und nicht wenige dieser Menschen – sind Eltern. Was macht das mit einem Kind oder Jugendlichen, wenn ein Elternteil – oder beide – alkoholabhängig sind? Zunächst soll geklärt werden, was man unter Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit versteht. Anschließend erfährst du, wie viele Personen das in Deutschland betrifft und in dem zweiten Teil, welche Folgen dies für Kinder und Jugendliche haben kann, deren Eltern betroffen sind.

    Im internationalen Vergleich wird in Deutschland mit am meisten Alkohol getrunken. 2019 trank im Durchschnitt jede erwachsene Person 10,6 Liter reinen Alkohol. Laut einer Umfrage von 2018 missbrauchte etwa einer von 25 Männern und etwa eine von 65 Frauen Alkohol. Als alkoholabhängig zählte etwa jeder zwanzigste Mann und jede fünfzigste Frau.  1 Aber nicht jede:r, der oder die Alkohol trinkt, missbraucht diesen oder ist abhängig. Bei einer Frau beginnt eine gesundheitsriskante Menge an Alkohol bei etwa einem kleinen Glas Bier (0,3 Liter). Bei Männern werden schon zwei kleine Gläser Bier (0,3 Liter) als gesundheitsriskant eingestuft. Man spricht von Alkoholmissbrauch, wenn der Konsum zu körperlichen oder psychischen Gesundheitsschäden führt. Dazu zählen neben Organ- oder Krebserkrankungen auch familiäre und zwischenmenschliche Probleme, oder Probleme mit dem Gesetz infolge von Alkoholkonsum. Von einer Alkoholabhängigkeit oder Alkoholsucht spricht man hingegen, wenn es innerhalb eines Jahres zu mindestens drei der folgenden Symptomen kam: der oder die Betroffene…

    • … muss immer mehr trinken, um dieselbe Wirkung zu erzielen (Toleranzentwicklung)
    • … hat Entzugserscheinungen, wenn sie oder er weniger oder keinen Alkohol trinkt
    • … trinkt immer weiter, trotz auftretender Gesundheitsschäden
    • … hat eine verminderte Kontrolle über die Menge und Dauer des Konsums
    • … hat ein starkes Verlangen nach Alkohol
    • … vernachlässigt soziale Aktivitäten zugunsten des Konsums 2

    Alkohol ist ein Zellgift und verändert die Wahrnehmung und das Verhalten von Menschen. Da er im Nervensystem unmittelbar verschiedene Prozesse in Gang setzt, fühlt man sich bei einer geringen Menge zunächst wohl und entspannt. Wenn mehr Alkohol getrunken wird, wirkt dies meist enthemmend oder betäubend. Je nach Alter, Geschlecht, Alkoholkonzentration im Blut, aber auch Persönlichkeitsmerkmalen, kann es zu aggressiven und impulsiven Verhalten kommen oder aber auch zu Ängstlichkeit. Eine sehr große Menge Alkohol führt zu einer Alkoholvergiftung, die tödlich enden kann. Sowohl ein hoher kurzfristiger als auch ein langfristiger Alkoholkonsum können körperliche, psychische und soziale Schäden verursachen und durch Unfälle oder verstärkte Aggression andere Personen schädigen. 1 Bei Alkoholmissbrauch oder einer Alkoholabhängigkeit führt die Vernachlässigung von Verpflichtungen zu einer Verschlechterung persönlicher und familiärer Beziehungen, aber auch zu beruflichen Schwierigkeiten. Im Extremfall, kann die Sucht zum finanziellen Ruin, ausartenden Konflikten oder strafbaren Handlungen führen. Es ist bekannt, dass viele Straftaten – darunter auch Vergewaltigung und sexuelle Nötigung oder Körperverletzung – unter Alkoholeinfluss begangen werden. 3 Außerdem steigt mit zunehmender Alkoholmenge das Erkrankungsrisiko insbesondere für Krebs, Alkoholabhängigkeit, Lebererkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen, Infektionskrankheiten und Verletzungen. Trotz einer bestehenden Alkoholabhängigkeit nehmen Betroffene häufig keine Behandlung in Anspruch. Dies kann verschiedene Gründe haben, jedoch zeigte sich, dass die meisten Betroffenen ihren Alkoholkonsum nicht als problematisch ansehen. 1

    Wie viele Menschen als Kinder in Familien mit einem oder mehreren süchtigen Personen aufwachsen, ist nicht bekannt. Allerdings sagen Schätzungen, dass in Deutschland sechs Millionen erwachsene Menschen leben, die als Kinder in süchtigen Familien aufwuchsen und mehr als 2,5 Millionen Kinder unter 18 Jahren aktuell mit alkoholkranken Eltern zusammenleben. 4. Was für Folgen das für die Betroffenen haben kann, erfährst du im zweiten Teil.

     

    1. Schaller, K., Kahnert, S., Gracia-Verdugo, R., Treede, I., Graen, L. & Ouédraogo, N. (2022). Alkoholatlas Deutschland 2022. Zugriff am 12.12.2022. Verfügbar unter: https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/sonstVeroeffentlichungen/Alkoholatlas-Deutschland-2022_dp.pdf[][][]
    2. Dilling, H. & Freyberger, H. J. (Hrsg.). (2019). Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. Mit Glossar und diagnostischen Kriterien sowie Referenztabellen : ICD-10 vs. ICD-9 und ICD-10 vs. DSM-IV-TR (9., aktualisierte Auflage unter Berücksichtigung der Änderungen gemäß ICD-10-GM 2019). Bern: Hogrefe.[]
    3. Habash, P. (2012). Drogenabhängige Eltern. In M. Cierpka (Hrsg.), Frühe Kindheit 0 – 3 (S. 325–332). Dordrecht: Springer.[]
    4. NACOA DEUTSCHLAND (Hrsg.). Zahlen. Zugriff am 12.12.2022. Verfügbar unter: https://nacoa.de/infos/fakten/zahlen[]