Dies ist ein zweiteiliger Artikel. Hier findest du den Link zu Teil 1: Mental gesund – Was bedeutet das eigentlich? 

    Unsere mentale Gesundheit wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst, diese können sich entweder negativ oder positiv auswirken. Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit psychisch zu erkranken erhöhen, nennt man Risikofaktoren; Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit verringern, nennt man Schutzfaktoren. Man unterteilt diese Faktoren in drei Kategorien.  

    Zu den persönlichen Faktoren gehören genetische Komponenten, aber auch Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen. Gute soziale Kompetenzen, eine gesunde Ernährung und sportliche Betätigung wirken sich positiv aus. Im Gegensatz dazu stellen Faktoren wie chronischer Stress, emotionale Schwierigkeiten oder gesundheitliche Probleme ein Risiko dar. 1 2  

    Des Weiteren wirken sich soziale Verhältnisse, wie unsere Lebens-, Bildungs- und Arbeitsbedingungen,  auf die mentale Gesundheit aus, dazu zählt z. B. unser Einkommen oder unser Familienstand. 3 Ein soziales Umfeld, auf welches man sich verlassen kann, wirkt sich positiv aus, während sich Unzufriedenheit im Job oder wenige soziale Kontakte negativ auswirken können.  

    Als dritte Kategorie werden allgemeine Umweltfaktoren genannt. Kriege, Menschenrechtsverletzungen, Wirtschaftskrisen, soziale Ungerechtigkeiten und Spannungen wirken sich negativ aus. Sicherheit, eine gute Gesundheitsversorgung und eine stabile politische Lage haben hingegen positive Folgen für die mentale Gesundheit. 3

    Bestimmte Risiko- oder Schutzfaktoren können während verschiedener Lebensphasen an Bedeutung zu- oder abnehmen. Gerade die Kindheit und Jugend sind entscheidende Phasen. Das Gehirn ist noch im Entwicklungszustand, hier gewonnene Fähigkeiten können uns ein Leben lang beeinflussen. Negative Erfahrungen, wie z. B. Gewalt in der Familie oder Mobbing, können Spuren hinterlassen, die Auswirkungen können auch erst Jahre später eintreten. 4 Das heißt trotzdem nicht, dass eine Person später im Leben psychische Probleme entwickeln muss. Letztendlich ist die Entwicklung von psychischen Störungen auch immer von unseren aktuellen Risiko- und Schutzfaktoren abhängig. Während in der Jugend Einflussfaktoren wie das soziale Umfeld und soziale Akzeptanz sehr wichtig sind, werden im Erwachsenenalter Faktoren wie die Work-Life-Balance oder die körperliche Gesundheit wichtiger. 3

    Jeder Mensch hat unterschiedliche Belastungsgrenzen und jeder reagiert anders auf Stress oder Krisensituationen. Trotzdem gibt es ein paar Merkmale, welche, sollten sie vermehrt auftreten, darauf hindeuten können, dass es einem selbst oder jemand anderem mental nicht gut geht. Dazu zählen: 

    • Drastisch verändertes Essverhalten und Veränderung des Schlafzyklus 
    • Plötzlich eintretende oder extreme Stimmungsschwankungen oder depressive Verstimmung 
    • Sozialer Rückzug mit vermindertem Interesse an anderen Menschen und an Aktivitäten, die einem vorher Spaß bereiteten 
    • Probleme im Alltag, z. B. in der Schule, auf der Arbeit oder in der Freizeit zu funktionieren bzw. die dazugehörigen Aufgaben zu bewältigen 
    • Verminderung der geistigen Leistungsfähigkeiten, z. B. Probleme mit der Konzentration, der Erinnerung, logischem Denken und der Sprache 
    • Erhöhte Sensibilität bezüglich Geräuschen, Gerüchen, Berührungen 
    • Teilnahmslosigkeit mit vermindertem Antrieb oder fehlendem Verlangen nach Alltagsaktivitäten und reduziertem Gefühlsleben 
    • Häufige starke Nervosität und unbegründet starkes Misstrauen gegenüber anderen 
    • Als merkwürdig und untypische empfundene Gedanken und Handlungen und plötzliche Verhaltensänderungen 5 

    Selbst wenn einige Symptome auf dich (oder die Person, um die du dir Sorgen machst) zutreffen, bedeutet das nicht zwingend, dass eine psychische Störung vorliegt. Dennoch kann es sinnvoll sein, sich an einen Arzt oder Therapeuten zu wenden und abzuklären, wie es zu diesen Veränderungen kommt bzw. was man machen könnte, damit es einem wieder besser geht. Falls mehrere Symptome zutreffen und man zusätzlich merkt, dass man in seinem alltäglichen Leben nicht mehr funktionieren kann, sollte man sich in jedem Fall professionelle Hilfe bei einem Arzt oder Therapeuten suchen. Es wurde immer wieder gezeigt, dass frühes Einschreiten, bevor man sprichwörtlich den Boden unter den Füßen verliert, die Entwicklung einer psychischen Störung verhindern kann. Dies kann sich auch positiv auf den weiteren Verlauf auswirken. 6 Es ist im Zweifelsfall immer gut, sich jemandem anzuvertrauen und um Hilfe zu bitten – das machst du ja schließlich auch, wenn du dir deinen Arm brichst. Falls du dir um eine andere Person Sorgen machst, ist es ratsam, die Person in einem ruhigen Moment bei Seite zu nehmen und ihr zu sagen, dass du dir Sorgen machst. Bei dieser Gelegenheit kannst du der Person deine Hilfe anbieten und ihr sagen, dass du für sie da bist, falls sie reden möchte. Wichtig ist, keinen Druck auszuüben oder Anschuldigungen zu machen. 

    Sich einzugestehen, dass es einem nicht gut geht und man Hilfe braucht, ist oft ein langwieriger Prozess und erfordert viel Mut. Du kannst dir aber sicher sein, dass es viele Menschen gibt, die anderen gerne helfen und dass du mit deinen Problemen nicht alleine sein musst! 

     

    1. Cohrdes, C., Hapke, U., Nübel, J., & Thom, J. (2022). Erkennen-Bewerten-Handeln. Schwerpunktbericht zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Teil 1–Erwachsenenalter.[]
    2. Galderisi S, Heinz A, Kastrup M, Beezhold J, Sartorius N. A proposed new definition of mental health. Psychiatr Pol. 2017(3):407-411. doi: 10.12740/PP/74145[]
    3. Cohrdes, C., Hapke, U., Nübel, J., & Thom, J. (2022). Erkennen-Bewerten-Handeln. Schwerpunktbericht zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Teil 1–Erwachsenenalter.[][][]
    4. WHO Euro (2018) Adolescent mental health in the European Region. Retrieved from:http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383891/adolescent-mh-fs-eng.[]
    5. American Psychiatric Association (2020). Warning Signs of Mental Ilness. https://www.psychiatry.org/patients-families/warning-signs-of-mental-illness (Abgerufen am 04.07.2022) []
    6. McGorry, P. D., Ratheesh, A., & O’Donoghue, B. (2018). Early intervention—an implementation challenge for 21st century mental health care. JAMA psychiatry, 75(6), 545-546.[]