Im Leben geht man immer wieder durch schwierige, herausfordernde und stressige Zeiten. Manchmal fühlt sich das so an, als würde man mit seinem Boot von einem donnernden Unwetter überrollt werden. Man befindet sich auf offener See und hat Angst: Die Wellen peitschen gegen die Reling, alles wackelt, der Himmel ist schwarz verfärbt und zusätzlich, regnet es in Strömen. Man kann sich in einer solchen Situation ganz unterschiedlich verhalten. So könnte man reglos stehen bleiben, sich in der Kajüte verkriechen und warten bis der Sturm vorüberzieht  oder das Boot aktiv durch den Sturm führen. Man könnte verschiedene Fähigkeiten erlernen, um dazu in der Lage zu sein, heil aus dem Sturm zu kommen. Dabei kann man auf die Hilfe von anderen zurückgreifen, sich daran erinnern, wie man sich im Angesicht von früheren Stürmen verhalten hat oder Strategien entwickeln, um das Boot besser durch den Sturm steuern zu können. 

    Genauso so verhält es sich auch, wenn wir stressige Alltagssituationen meistern müssen oder uns in einer belastenden Phase unseres Lebens befinden. Wir können Fähigkeiten entwickeln und Ressourcen aktivieren, die uns helfen, gut aus der jeweiligen Problemlage herauszukommen.  

    Die erfolgreiche Bewältigung einer solchen Phase hängt unter anderem von deiner Resilienz ab. Dank dieser kann eine Person sogar gestärkt aus einer Krisensituation hervorgehen! Wenn du mit dem Begriff der Resilienz noch gar nichts anfangen kannst, dann ist dieser Artikel etwas für dich.  

    Den Aufbau und die Stärkung von Resilienz kann man als individuelle Reise bezeichnen  was für eine Person funktioniert, funktioniert nicht zwingend für eine andere. Trotzdem gibt es bestimmte Faktoren, die sich positiv auf die allgemeine Resilienz auswirken und die wir gezielt ausbauen und fördern können. 1 In diesem Artikel erfährst du, was du tun kannst, um deine eigene Resilienz zu stärken. 

     

    Gesunde Beziehungen 

    Gesunde Beziehungen können sich positiv auf unsere Resilienz und unsere (mentale) Gesundheit auswirken. 2 Dabei ist es ganz egal, ob es sich um eine Freundschaft, eine Partnerschaft oder die Beziehung zu deinen Eltern oder Geschwistern handelt, wichtig ist die Qualität dieser Beziehung. Eventuell fragst du dich jetzt, was damit gemeint ist. Gesunde und positive Beziehungen sind solche, in denen man sich Aufmerksamkeit und Wertschätzung schenkt. Man weiß, dass man sich auf die andere Person verlassen kann. Ehrlichkeit, Vertrauen und Akzeptanz der anderen Person werden hier groß geschrieben. 3 Wir können Unterstützung und Fürsorge  erfahren, das wiederum vermittelt uns ein Gefühl der Sicherheit. Aber auch wir selbst merken in solchen Beziehungen, dass wir gebraucht werden und uns um jemanden kümmern können. Dies kann sich positiv auf unser Selbstbewusstsein auswirken und somit auch auf unsere Resilienz. 4 Manchmal möchte man sich in   schwierigen und stressigen Phasen zurückziehen. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass sichere und positive Beziehungen dabei helfen können, aus schwierigen Phasen rauszukommen und sich besser davon zu erholen. 5 Nicht nur Familie und Freunde können Unterstützung bieten, sondern auch Gleichgesinnte. Beispielsweise können Selbsthilfegruppen die Resilienz einer Person erhöhen. Im Rahmen einer Selbsthilfegruppe können persönliche Probleme im Austausch mit anderen bearbeitet werden, neue soziale Kontakte werden geknüpft und es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das es vorher nicht gab. Auf diesem Weg kann man lernen, sich selbst und seine Probleme besser zu verstehen. 6

      

    Gesunde Lebensgewohnheiten 

    Unsere Gewohnheiten und Routinen machen viel aus, sie können unsere Resilienz positiv oder negativ beeinflussen. Eine überwiegend gesunde Lebensweise wirkt sich günstig auf unsere Belastbarkeit und Stressresistenz aus – und das wiederum erhöht die Resilienz einer Person. 7 Zu einem gesunden Leben gehört es, ausreichend zu schlafen, sich abwechslungsreich zu ernähren und auf genügend Bewegung zu achten. Manchen Menschen hilft es auch, bestimmte Achtsamkeitsübungen in den Alltag zu integrieren  dazu zählen z. B. Tagebuch schreiben, Meditation oder Yoga. Solche Praktiken können dabei helfen, einen Sinn in der Krise zu finden und das Wohlbefinden stärken. 8 

      

    Gesunde Gedanken üben 

    Die Gedanken, die man hat, und vor allem die Weise, wie man Dinge bewertet, können zu einer erhöhten Resilienz beitragen. In stressigen oder belastenden Situationen können irrationale Gedanken, wie “Ich komme nie wieder aus dieser Phase raus” oder “Ich kann nichts”, negative Gefühle verschlimmern. Die gute Nachricht ist, dass man erlernen kann,  diese zu erkennen und sie dann gezielt durch hilfreiche Gedanken zu ersetzen. Beispielsweise kann man sich überlegen, ob eine vermasselte Prüfung oder eine peinlicher Fehltritt wirklich so schlimm ist, wie es sich in dem Moment vielleicht gerade anfühlt. 9  Man kann sich fragen: “Ist das in zehn Jahren noch genau so wichtig?” oder das ‘Worst Case Szenario‘ einmal durchdenken: “Was könnte im schlimmsten Fall passieren?” Oft merkt man dann, dass die Situation doch nicht so ausweglos ist, wie sie scheint!  

    Es kann auch helfen, sich in Optimismus zu üben. Wer optimistisch ist, erwartet, dass positive Dinge in der Zukunft passieren werden. Studien konnten zeigen, dass optimistische Menschen sich intensiver und lösungsorientierter mit schwierigen Situationen auseinandersetzen. Zusätzlich wenden sie effektivere Bewältigungsstrategien an. 8 Um deinen Optimismus zu stärken, kannst du z. B. versuchen, die kleinen Dinge, die dir helfen dich besser zu fühlen, wertzuschätzen. Du könntest dich auch stärker auf die Lichtblicke in deinem Alltag fokussieren. Ermutige dich, Gutes in der Zukunft zu erwarten! 

    Wenn unerwartet schlimme Dinge passieren oder wir mit vielen negativen Gefühlen zu kämpfen haben, können wir uns schnell ohnmächtig und hilflos fühlen. Eine naheliegende Reaktion ist es dann, sich zu verschließen, sich abzulenken und zu hoffen, dass der Sturm einfach vorüberziehen wird. Das ist verständlich, aber oft nicht hilfreich. Wie einleitend  beschrieben, hast du bessere Chancen, wenn du dein ‘Boot’ aktiv aus dem Sturm führst! Du kannst dich z. B. gezielt auf die Aspekte der Situation konzentrieren, die du verändern kannst. Wenn ein Problem zu groß erscheint, könntest du versuchen, dich auf den nächsten Teilschritt zu konzentrieren und nicht auf das Problem im Ganzen. Falls du eine schwierige Entscheidung treffen musst, ist es sinnvoll, aktiv an den Entscheidungsprozess heranzugehen – und z. B. mithilfe einer Pro-und-Contra-Liste abzuwägen, welcher Weg der richtige für dich ist. Das hilft dir, in der nächsten Entscheidungssituation souveräner und mit deinen Entscheidungen zufrieden zu sein. 10 

    Dennoch gibt es aber auch immer Aspekte, die nicht in deiner Hand liegen. Manchmal verändern sich Dinge, ohne dass du das willst. Man kann erlernen, das zu akzeptieren und seine Energie  wie oben beschrieben  auf die Aspekte zu konzentrieren, die man verändern kann. Das ist definitiv einfacher gesagt als getan. Aber bevor man sich lange über die Tatsache aufregt, in einen ‘Sturm’ geraten zu sein, ist es besser, seine Energie darauf zu verwenden, die Segel richtig zu setzen. 

     

    Einen Sinn finden 

    Es kann auch helfen, einen Sinn in seiner misslichen Lage zu suchen. Das hört sich jetzt vielleicht erstmal komisch an. Wieso solltest du versuchen, ausgerechnet dieser blöden Situation etwas Gutes abzugewinnen? Tatsächlich kann diese Herangehensweise aber sehr ermutigend sein. Du könntest dich z. B. fragen, wie du dich durch die Situation weiterentwickelt hast, was sich positiv verändert hat oder wo du etwas Neues dazu gelernt hast. Viele Menschen sagen, dass sie sich nach der Bewältigung einer Krisensituation gestärkt fühlen, selbstbewusster sind, ihre Beziehungen vertiefen konnten und das Leben mehr wertschätzen. 11 Zusätzlich kann es hilfreich sein, in die Vergangenheit zu blicken und sich zu fragen: “Was hat mir eigentlich in der letzten Krise geholfen?”, “Wer war für mich da?” und “Wo konnte ich meine Stärken und Fähigkeiten ausbauen?” Denn diese Erkenntnisse könnten dir vielleicht auch in der jetzigen Situation helfen. Manchen Menschen hilft es auch, sich ehrenamtlich zu engagieren (z. B. in einem Verein) oder Menschen in anderen Kontexten zu helfen. Dies kann einem Bedeutung im Leben geben, man fühlt sich nützlich und gebraucht. 

     

    Hilfe suchen 

    Um Hilfe zu bitten und diese annehmen zu können, ist sehr wichtig. Sich Hilfe zu holen, zeugt nicht von Schwäche, ganz im Gegenteil – es erfordert extrem viel Stärke und Mut. Manchmal reicht es, deine eigenen Ressourcen zu aktiveren und die oben genannten Strategien anzuwenden, um Resilienz in einer Krise auszubauen. Es kann aber auch Krisen geben, in denen man festsitzt und nicht weiterkommt. Hier kann es helfen, sich vertrauten Personen (Familie und Freunde), Gleichgesinnten oder Therapeut:innen anzuvertrauen. Es ist falsch zu glauben, dass sich Resilienz nur aus eigener Kraft heraus aufbauen lässt, sie lässt sich auch mit der Hilfe von anderen aufbauen und stärken! 

     

    1. Harms, P. D., Brady, L., Wood, D., & Silard, A. (2018). Resilience and well-being. Handbook of well-being. Salt Lake City, UT: DEF Publishers.[]
    2. Gowen, L.K. (2011). Healthy relationships. Focal Point: Youth, Young Adults, & Mental Health. Healthy Relationships, Summer 2011, 25(1), pages 3-4.[]
    3. Wustmann, C. (2011). Resilienz in der Frühpädagogik–Verlässliche Beziehungen, Selbstwirksamkeit erfahren. In Handbuch Resilienzförderung (pp. 350-359). VS Verlag für Sozialwissenschaften.[]
    4. Nola, M., Guiot, C., Damiani, S., Brondino, N., Milani, R., & Politi, P. (2021). Not a matter of quantity: quality of relationships and personal interests predict university students’ resilience to anxiety during CoViD-19. Current Psychology, 1-8.[]
    5. Sippel, L. M., Pietrzak, R. H., Charney, D. S., Mayes, L. C., & Southwick, S. M. (2015). How does social support enhance resilience in the trauma-exposed individual?. Ecology and society, 20(4).[]
    6. Keup, K. (2010). Resilienzentwicklung durch Selbsthilfe: Nutzen für die Gesundheitsentstehung. Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen eV (DAG SHG)(Hrsg.), Selbsthilfegruppenjahrbuch.[]
    7. Liljestrand, R., & Martin, S. (2021). Stress and Resilience Among Healthcare Workers During the COVID-19 Pandemic: Consideration of Case Studies. Rehabilitation Nursing, 46(6), 300.[]
    8. Lamp, K. (2013). Personal and contextual resilience factors and their relations to psychological adjustment outcomes across the lifespan: A meta-analysis.[][]
    9. Harms, P. D., Brady, L., Wood, D., & Silard, A. (2018). Resilience and well-being. Handbook of well-being. Salt Lake City, UT: DEF Publishers.[]
    10. Siebert, J. U., Kunz, R. E., & Rolf, P. (2020). Effects of proactive decision making on life satisfaction. European Journal of Operational Research, 280(3), 1171-1187.[]
    11. Tedeschi, R. G., & Calhoun, L. G. (2004). Posttraumatic growth: conceptual foundations and empirical evidence“. Psychological inquiry, 15(1), 1-18.[]