In Untersuchungen wird immer deutlicher, wie wichtig frühe Lebenserfahrungen für die Gesundheit von Menschen im gesamten Lebensverlauf sind. Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend belastende Erfahrungen gemacht haben, neigen im Erwachsenenalter eher zu psychischen und körperlichen Gesundheitsproblemen. 1 Dabei ist es entscheidend wie viele verschiedene belastende Kindheitserfahrungen gemacht wurden und wie lange sie andauerten bzw. wie häufig sie auftraten. Denn hier gilt: je mehr, je häufiger und je länger belastende Erfahrungen erlebt wurden desto wahrscheinlicher ist die Entwicklung von psychischen oder körperlichen Erkrankungen. Belastende Kindheitserfahrungen wirken dabei vor allem indirekt – aber auch direkt. Inwiefern, erfährst du in diesem Artikel.  

    Wie in anderen Artikeln schon beschrieben, steigt das Risiko psychisch zu erkranken, wenn du belastende Kindheitserfahrungen machen musstest. Daher verwundert es nicht, dass in Abhängigkeit der Ausprägung belastender Kindheitserfahrungen, die Menge der verschriebenen Psychopharmaka steigt. Psychopharmaka sind Medikamente, die unter anderem gegen Depressionen oder Angststörungen eingesetzt werden. Bei langanhaltender Einnahme von hochdosierten Psychopharmaka können, je nach Medikament, auch körperliche Nebenwirkungen, wie Bluthochdruck oder Fettleibigkeit, auftreten. Diese wiederrum können dann zu anderen schwerwiegenden Erkrankungen wie Diabetes, verschiedenen Herzerkrankungen oder einem Schlaganfall führen. Damit wirken sich die belastenden Kindheitserfahrungen also indirekt, über die langanhaltende Einnahme von Psychopharmaka, auf den Körper aus. 2 

    Belastende Kindheitserfahrung und der damit verbundene häufig auftretende traumatische Stress behindert die soziale, emotionale und seelische Entwicklung eines Kindes. Es folgen häufig ungesunde und riskante Verhaltensweisen, wie Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum oder ein ungesundes Essverhalten. All diese Verhaltensweisen stehen im Zusammenhang mit verschiedenen körperlichen Erkrankungen, einer schlechteren Leistungsfähigkeit im Beruf und schließlich einem früheren Tod. In einer etwas älteren Untersuchung zeigte sich ein Muster des Rauchverhaltens: ob, wann und wie viel jemand rauchte, war gestuft abhängig von der Zahl der belastenden Kindheitserfahrungen. 3Wenn jemand im Kindes- oder Jungendalter mindestens vier belastende Erfahrungen erlebt hat, ist die Wahrscheinlichkeit zu Rauchen doppelt so hoch, wie bei Menschen, die keine belastenden Kindheitserfahrungen haben. Dies ist kaum verwunderlich, denn Nikotin wird zum Teil als eine Art Selbstmedikation genutzt, um negative Gefühle, Stress oder soziale Schwierigkeiten zu unterdrücken oder um mit ihnen klar zu kommen. Dies führt dazu, dass diese Menschen ein stark erhöhtes Risiko haben eine chronischen Lungenerkrankung zu entwickeln 4. Auch in diesem Fall wirken sich belastende Kindheitserfahrungen indirekt über das Rauchverhalten auf die körperliche Gesundheit aus.  

    Darüber hinaus zeigte sich, dass Kinder oder Jugendliche früher mit illegalen Drogen in Berührung kommen, je mehr belastende Erfahrungen gemacht wurden. Vor allem bei Kindern, deren Eltern selbst Drogen konsumieren oder abhängig sind, ist die Wahrscheinlichkeit stark erhöht, dass sie selbst Drogen konsumieren. Ursächlich hierfür kann die Vorbildfunktion der Eltern sein, aber auch der Stress der häufig dazu führt, dass Kinder und Jugendliche nicht lernen mit ihren Gefühlen umzugehen. 

     

     

    1. Hughes, K., Bellis, M. A., Hardcastle, K. A., Sethi, D., Butchart, A., Mikton, C., Jones, L., & Dunne, M. P. (2017). The effect of multiple adverse childhood experiences on health: a systematic review and meta-analysis. The Lancet. Public health, 2(8), e356–e366. https://doi.org/10.1016/S2468-2667(17)30118-4[]
    2. Anda, R. F.; Brown, D. W.; Felitti, V. J.; Bremner, D. J.; Dube, S. R. & Giles, W. H. (2007). The relationship of adverse childhood experiences to rates of prescribed psychotropic medication in adulthood. American Journal of Preventive Medicine, 32 (5), 389-394.[]
    3. Anda, R. F.; Croft; J. B., Felitti, V. J.; Nordenberg, D.; Giles, W. H.; Williamson, D. F. et al. (1999). Adverse childhood experiences and smoking during adolescence and adulthood. JAMA, 282(17), 1652–1658. https://doi.org/10.1001/jama.282.17.1652[]
    4. Lopes, S., Hallak, J. E. C., Machado de Sousa, J. P., & Osório, F. L. (2020). Adverse childhood experiences and chronic lung diseases in adulthood: a systematic review and meta-analysis. European journal of psychotraumatology, 11(1), 1720336. https://doi.org/10.1080/20008198.2020.1720336 []