In der Kategorie “Ganz direkt” spricht dich unsere Sozialpädagogin und Coach Simone persönlich an. Hierbei möchte sie nicht in erster Linie Wissen vermitteln und Fakten darstellen, sondern dich zum Nachdenken anregen. Sie stützt sich hierbei auf ihre Praxiserfahrung. 

    Wie räumt man eigentlich seine Vergangenheit auf und warum überhaupt? Warum räumst du die Küche auf, nachdem du gekocht hast? Vielleicht um wieder Platz zu machen für andere Dinge, damit die Essensreste nicht anfangen zu gammeln und zu miefen, oder weil es dir mehr Spaß macht, von einem frischen Teller zu essen, als von einem mit vertrockneter alter Soße… 

    Manchmal ist die Vergangenheit wie vertrocknete alte Soße auf dem Teller: sie klebt und riecht nicht appetitlich. Einen Teller kannst du abspülen. Irgendwann, wenn du ihn gut einweichst, löst sich die harte Kruste.  

    Aber wie weicht man seine Vergangenheit ein? Wäre schön, wenn es mit ein bisschen Seifenlauge und ein bis zwei Stunden Zeit getan wäre. Aber emotionale Krusten, alter Schmerz, Wut, Trauer, Enttäuschung…? Was macht man damit? 

    Stell dir vor, du hast deine Küche seit Wochen nicht aufgeräumt, nicht gespült, nicht geputzt. Du hast aber Hunger und für eine Weile machst du dir auch inmitten des Chaos etwas zu essen. Aber dann kommt der Tag, da ist es einfach zu eklig und du möchtest das alles gar nicht mehr sehen. Es ist zu viel geworden. Du machst die Türe zu und nicht wieder auf. Soweit, so gut. Aber jetzt ist auch Schluss mit lecker kochen oder gemütlich essen und Freunde kannst du so auch keine mehr einladen. Das mit dem Essen versuchst du jetzt irgendwie im Schlafzimmer. Aber das Spiel wiederholt sich und dort wird es auch bald zu ungemütlich. Du nimmst die Matratze und schläfst auf dem Boden im Flur. Aber natürlich geht auch das nicht lange gut. Es wird immer chaotischer in deiner Wohnung, in der die Räume zweckentfremdet sind. Und bald gibt es keinen gemütlichen Platz mehr, wo du dich entspannen kannst.  

    Du fragst dich jetzt: Wie konnte das nur passieren? Wie und warum hat das überhaupt begonnen? Wo hat das Chaos in deinem Leben angefangen? Und wie viele Zimmer deiner Wohnung sind davon betroffen? Welche deiner inneren Räume sind durch Chaos blockiert? Was ist mit deinem Beziehungs-Raum? Dem Freundschafts-Raum? Dem Job-Raum? In welchen Bereichen deines Lebens läuft es gut? Wo erlebst du immer wieder Schmerz? Und welche Türen hast du ganz zu gemacht und willst sie nie wieder öffnen, auch, wenn es bedeutet, auf etwas zu verzichten, was du dir im Grunde sehr wünschst? Je größer das Chaos ist, desto schwieriger ist es natürlich, einen Anfang zu finden. Alleine fehlt dir wahrscheinlich auch die Kraft zum Aufräumen und wieder mehr Ordnung zu schaffen.  

    Vielleicht gibt es aber trotzdem eine große Sehnsucht in dir, endlich für Klarheit zu sorgen und durchzublicken durch das Chaos, das deine Lebenskraft und Lebensfreude bremst. Für eine chaotische Wohnung könntest du eine Putzkolonne kommen lassen, um dich in der Wohnung wieder wohl zu fühlen. Aber für dein Innenleben, deine Gefühle, die sich teilweise vielleicht alt und klebrig anfühlen, irgendwie abgelutscht, oder hart und verkrustet, oder die sich immer wieder auf die gleiche unangenehme Art wiederholen, gibt es keine Putzkolonne. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, auch in dir drin Dinge zu lösen oder zu bereinigen. Nicht von heute auf morgen natürlich.  

    In deiner Vergangenheit aufräumen könnte bedeuten, dir alte Muster anzuschauen, die in deiner Kindheit entstanden sind. Oder anders gesagt, dass du schaust, wo bestimmte wiederkehrende Emotionen und automatische Reaktionen, Schwierigkeiten und Schmerz in deiner persönlichen Geschichte ihren Ursprung haben. Beim Aufräumen findet man oft auch alte, scheinbar verlorene Dinge wieder, die sehr wertvoll sein können. Das heißt, aufräumen bedeutet auch, den Blick auf deine Stärken und Fähigkeiten zu richten, die irgendwie verschüttet wurden. Oft schafft man das nicht alleine, weil man auch irgendwie betriebsblind für das ist, was man im eigenen Leben positiv verändern könnte. In einer Selbsthilfegruppe, Beratung oder passenden Therapie geht es oft leichter. Wenn du merkst, dass es anderen ähnlich geht mit altem Ballast, fällt oft schon ein Teil davon von selbst ab. Das Schwierigste ist ja oft, sich nicht selbst abzuwerten oder zu verurteilen für das, was nicht so gut läuft im Leben. Auch, wenn man es anderen manchmal nicht gleich ansieht: es geht den meisten sehr ähnlich. Was es genau für dich bedeutet, deine Vergangenheit aufzuräumen, wirst du auch erst dann erfahren, wenn du an einer Ecke damit anfängst. Der Rest wird sich zeigen.