In der Kategorie “Ganz direkt” spricht dich unsere Sozialpädagogin und Coach Simone persönlich an. Hierbei möchte sie dich in erster Linie zum Nachdenken anregen und nicht vorrangig wissenschaftliche Erkenntnisse darstellen. Sie stützt sich hierbei auf ihre Praxiserfahrung. 

    Wenn der Begriff „Trauma“ fällt, sorgt er oft für Unsicherheiten. Viele Menschen wissen nicht, wie sie mit jemandem umgehen sollen, der traumatisiert ist. Es sind unterschiedliche Vorstellungen in den Köpfen, wie „schlimm“ ein Trauma für die Betroffenen ist und ob man vielleicht etwas bei einem traumatisierten Menschen auslösen könnte, das ihn oder sie dort verletzt, wo es sowieso schon sehr weh tut.  

    Deswegen ist es vielleicht erstmal gut zu wissen, was ein Trauma überhaupt ist. Unter einem Trauma leiden nicht nur Soldaten, die im Krieg waren und als Folge oft sogenannte posttraumatische Belastungsstörungen haben. Trauma, das bedeutet nicht nur Flash-backs und Panikattacken nach schockierenden Ereignissen – obwohl diese Form wohl zu den bekanntesten gehört und am leichtesten zu erkennen ist. Menschen erleben durch bestimmte Auslöser, wie ein Geruch, ein Geräusch, oder einen anderen unscheinbaren Sinnesreiz, den ursprünglichen Schock noch einmal. Das Erlebte konnte vom Betroffenen nicht ganz verarbeitet werden, sitzt quasi noch in seinem Kopf fest und kann so immer wieder hervorgerufen werden. 

    Trauma, das kann aber auch ein Beziehungs-Trauma sein. Wenn du in deiner Kindheit von Eltern abhängig warst, die dauerhaft nicht wirklich für dich da sein konnten, oder, wenn du über längere Zeit körperlich oder seelisch misshandelt wurdest, dann ist auch das traumatisierend und hat entsprechende Folgen. Natürlich ist jede Art von körperlicher und seelischer Misshandlung oder Vernachlässigung traumatisierend, besonders aber, wenn du dabei noch sehr jung warst. 

    Vielleicht ist dir der Begriff Beziehungs- oder Liebestrauma schon begegnet und du hast dich gefragt, ob das etwas mit dir zu tun haben könnte oder mit bestimmten Menschen, die du kennst. Ein Trauma prägt sich oft tief in die Psyche ein, belastet den Körper und hat Auswirkungen auf deine Emotionen. Es schwächt deine Gesundheit und deine Lebenskräfte. Außerdem kann es Süchte und Zwänge begünstigen, wenn es dauerhaft verdrängt wird. Sehr oft verringert es deinen Selbstwert, weil du auf Vieles sensibler als andere reagierst und deine Beziehungen dadurch belastet werden. Dein Selbstwertgefühl ist sowieso schon niedrig, wenn deine frühen Bezugspersonen deine Bedürfnisse nicht stillen konnten. Die meisten Eltern, die ihren Kindern nicht gerecht werden können, können es nicht, weil sie selbst traumatisiert wurden. Wenn deine Eltern traumatisiert sind, dann sind sie mit sich selbst quasi im Dauerstress und ihre Kräfte reichen nur selten, dir ein nährendes und sicheres Gefühl von Liebe und Nähe zu geben. Wenn dir dieses Gefühl von bedingungsloser Geborgenheit und Liebe aber nicht zuteilwurde, dann fehlt es dir auch später noch.  

    Es zeigt sich als grundlegender Mangel, als innere Ruhelosigkeit und Bedürftigkeit. Und es führt natürlich zu Beziehungsproblemen aller Art. Du sehnst dich im Grunde immer noch nach diesem Gehalten-Werden, das du vielleicht nie wirklich erfahren hast und hoffst darauf, dieses Gefühl in einer Liebesbeziehung endlich stillen zu können. Aber ein Partner kann dir nie ganz das geben, was ein emotional gesunder Vater oder eine gesunde Mutter dir hätte geben können. 

    Was nun? Wie kann man ein Trauma heilen? Hier kommt die gute Nachricht: 
    Du hast den ersten Schritt gemacht, wenn dir bewusst ist, dass du etwas aus deiner Vergangenheit mit dir herum trägst, das dich gegenwärtig belastet. Der zweite Schritt wird sein, dich damit Menschen anzuvertrauen. Es wird sich für dich ein Weg finden, wenn du bereit dazu bist. Du wirst die richtige Therapie finden, die dir Sicherheit darin gibt, wer du bist und was du brauchst. Ein Trauma, das dich belastet, kann also auch eine Chance sein, dich tiefer selbst kennen zu lernen und ungeahnte Schätze und Fähigkeiten in dir zu entdecken. Dort, wo du einen tieferen Zugang zu dir selbst findest, zu deinen tieferen Gefühlen und Bedürfnissen, dort findest du auch neue Kraft und Lebensfreude. Dein Leben kann sich vom Mangel weg in Richtung Freude und Erfüllung bewegen, wenn dir Schritt für Schritt klar wird, was dir eigentlich fehlt und was du für dich selbst tun kannst. Manchmal ist es nur ein kleiner Schritt, der dich sehr erfüllen kann, gerade wenn es ein Schritt auf dem Weg zu dir selbst ist.