In der Kategorie “Ganz direkt” spricht dich unsere Sozialpädagogin und Coach Simone persönlich an. Hierbei möchte sie dich in erster Linie zum Nachdenken anregen und nicht vorrangig wissenschaftliche Erkenntnisse darstellen. Sie stützt sich hierbei auf ihre Praxiserfahrung. 

    Hast du dich schonmal gefragt, ob dir eine Beziehung (noch) gut tut, oder sie deine Seele kaputt macht? Ganz einfach ist das ja nicht immer zu beantworten und letztlich muss natürlich jede und jeder selbst entscheiden, wo die Grenze für sie oder ihn ist.  

    Aber es kann vielleicht nicht schaden, sich mit dem Thema mal genauer zu beschäftigen. Egal ob es sich um eine Freundschaft, eine Liebesbeziehung oder die Beziehung zu deinen Eltern oder Geschwistern handelt: alle Beteiligten sollten dabei im Grunde ein gutes Gefühl haben. Vielleicht stimmst du mir da zu. Gutes Gefühl bedeutet für mich, sich gemocht und anerkannt fühlen, so wie man ist, mit all seinen Stärken und Schwächen. Man sollte sich also grundsätzlich geschätzt und unterstützt fühlen. Es bedeutet auch, mit dem anderen auf Augenhöhe  zu sein. Man sollte über Gefühle und überhaupt alle Dinge sprechen können, die wichtig sind und dabei keine Angst vor größerem Stress haben müssen. Es sollte möglich sein, Meinungsverschiedenheiten so auszutragen, dass dabei jeder zu Wort kommt und das Ergebnis gleichberechtigt mitbestimmen kann. In einer liebevollen Beziehung werden Konflikte gemeinsam gelöst und müssen nicht unter den Teppich gekehrt werden. 

    „Ich bin ok, du bist ok.“ So hat es ein bekannter Psychologe auf den Punkt gebracht, worauf es in einer liebevollen Beziehung ankommt: auf Selbstwertgefühl und gegenseitigen Respekt. Oder was denkst du dazu? 

    „Ich bin ok, du bist ok“ klingt ja irgendwie erstmal ganz selbstverständlich. Ist es irgendwie auch. Und irgendwie auch wieder nicht. Zumindest nicht immer. Vor allem ist es dann nicht ganz so selbstverständlich, sich ok zu fühlen, wenn man als junger Mensch erfahren hat, dass man nicht ok ist, wie man ist. Wenn ich als Kind sehr für Liebe und Anerkennung kämpfen musste oder wenn ich harte Bestrafung erfahren habe – z. B. durch Schläge oder Demütigungen – dann lerne ich dabei, nicht ok zu sein, wie ich bin. Ich lerne es leider unbewusst, ohne, dass ich etwas dagegen tun kann. Ich bin als Kind einfach zu jung, um zu wissen, dass jedes Kind ok ist, genauso, wie es ist. Meine Eltern und andere Erwachsene prägen mich – oft genauso unbewusst – durch ihr Verhalten, denn als Kind bin ich völlig offen für alles, was ich erfahre. Oder anders gesagt: Als Kind saugt man alles auf, was so geboten wird. Ganz ungefiltert.  

    Besonders im Alter von 0-5 Jahren prägen sich sogenannte „Glaubenssätze“ in das Unterbewusstsein ein: 

    • “Ich bin nicht ok, nicht genug.” 
    • “Ich bin nicht liebenswert, nicht erwünscht, nicht attraktiv.” 
    • “Ich störe nur, ich bin zu viel, ich muss mich zurückhalten.” 
    • “Ich muss ganz viel tun, um gemocht zu werden.”
    • Oder, oder, oder.. 

    Je tiefer sich solche Sätze eingeprägt haben, umso wahrscheinlicher ist es, dass ich mich als Erwachsene:r immer wieder in toxischen Beziehungen befinde, die mir eigentlich gar nicht gut tun. Wenn ich glaube, ich bin nicht ok, dann kann es sein, dass ich gar nicht mal richtig bemerke, wie sehr ich mich in einer Beziehung zum Opfer mache. Ich lasse mich dann vielleicht herum kommandieren, abwerten, benutzen oder sogar missbrauchen. Vielleicht blitze ich beim anderen immer wieder eiskalt ab oder erdulde Liebesentzug, wenn ich mich nicht genau so verhalten habe, wie sich der andere das vorstellt. Aber ich suche den Fehler vor allem bei mir, weil ich es schließlich so gelernt habe: Ich bin nicht ok.  

    Das zu glauben tut weh. Es raubt den Schlaf und jede Menge Energie. Spaß und Leichtigkeit erlebe ich dann viel zu selten und die Beziehung wird manchmal zum Dauerstress. Doch was tun? Letztlich kannst du aus diesem Teufelskreis ungesunder oder toxischer Beziehungen nur dadurch aussteigen, dass du dir deinen eigenen Wert bewusst machst. Du bist nicht besser aber auch nicht schlechter als irgendein anderer Mensch auf der Welt. Du hast genau wie alle anderen liebevolle Beziehungen verdient, die dich nähren und erfüllen. Wenn du beginnst „nein“ zu sagen zu allem, was dir nicht wirklich gut tut und „ja“ zu dir selbst, dann wird sich das Blatt für dich wenden.  

    Du gerätst nicht mehr so häufig an die „Falschen“, weil du zu dir selbst stehst und weißt, wo deine Grenze ist. Dazu brauchst du manchmal ein bisschen Mut. Manchmal auch sehr viel Mut. Es gibt aber Menschen, die dich dabei unterstützen können, aus dem alten schmerzhaften Beziehungsmuster auszusteigen, wenn du die Nase voll davon hast. Jetzt brauchst du nur noch den Mut, diese Menschen um Hilfe zu bitten.